Die Preisträger*innen
Chuck Berry, Lebenswerk Musik
Chuck Berry ist ein Extrem. Musikalisch wie persönlich. Genialer Komponist und unberechenbarer Exzentriker. Gerade diese Kombination macht ihn zum letzten noch lebenden Heroen des Rock’n’Roll. 1926 in St. Louis geboren gelangen Berry vor allem Ende der 50er Jahre legendäre Hits, die bis heute zum Programm einer jeden Rock-Kombo gehören. So bereicherten sich selbst die Beatles und die Rolling Stones an Titeln wie „Johnny B. Goode“, „Roll over Beethoven“, „Rock’n’Roll Music“ oder „Sweet Little Sixteen“. Berry wurde zum Idol eines gesamten Musik-Genres. John Lennon adelte ihn mit dem Satz „If you tried to give Rock’n’Roll another name, you might call it ‘Chuck Berry'“. Es war eine Begegnung mit Berrys Vorbild Muddy Waters in Chicago Anfang der 50er, die den Mann aus Missouri zur ersten Plattenfirma brachte. Bei Chess Records traute man seinen Ohren nicht: Denn dieser unbekannte Kerl spielte den Rhythm & Blues anders. Härter und schneller, mit einzigartigen Riffs, und in den Texten tauchten Helden auf, mit denen sich die Jugend identifizieren konnte. Die Aufnahme seiner Single „Mabelline“ 1955 war der Grundstock einer einzigartigen Karriere. Hail, hail, Rock’n’Roll!
Alfred Biolek, Lebenswerk National
Der promovierte Jurist begann 1963 in der Rechtsabteilung des ZDF. Lange hielt er es da nicht aus, stand wenig später in der Ratgeber-Reihe Tipps für Autofahrer vor der Kamera. Bio und das Fernsehen. Der Beginn einer lebenslangen Liaison. Produzent von Carrells Am laufenden Band, Moderator von „Kölner Treff“, „Bios Bahnhof“, „Mensch Meier“, „Boulevard Bio“ und Alfredissimo!“ Dazwischen ein Abstecher ins komische Fach, als er Anfang der 70er die britische Komikertruppe Monty Python ins deutsche TV holte. „Wirke nie gescheiter als Deine Gäste“, war eines der Mottos des Profi-Gastgebers Biolek. Als der hatte er unerreichte Stärken: Er machte den Talk salonfähig, paarte heitere Show mit ernsthaftem Gespräch, nahm die Menschen in den Arm und vermittelte ihnen vor einem Millionenpublikum Vertrauen. Ich wollte Priester werden, Zirkusdirektor oder Dirigent, sagt Biolek im Rückblick. Ich bin von allem etwas geworden.
Matthias Brandt, Bester deutscher Schauspieler
Einen wie ihn meint jeder zu kennen. Durchschnittsgesicht, schmaler Mund, braune Augen, unauffällig. Kein Held, wahrhaftig nicht. Stattdessen gibt dieser Schauspieler all den häuslichen Dramen eine Stimme, die im Verborgenen zwischen Gummibaum und Jägerzaun stattfinden. In „Die Frau am Ende der Straße“ (ARD) spielt Matthias Brandt einen Ehemann, der hilflos zusehen muss, wie seine Frau sich in einer Psychose verliert. In „Contergan“ (ARD) einen Betriebsdirektor, Typ Mitläufer, der sich doch noch zu einem Funken Mut durchringt. Wie Brandt die sogenannten kleinen Leuten verkörpert (ganz fabelhaft auch im ZDF-Krimi Nachtschicht – „Ich habe Angst“), das ist vergleichbar mit der unvergessenen Kunst eines Heinz Rühmann.
„Contergan“ (ARD), Bester deutscher Fernsehfilm
Kein anderer Film schaffte es in diesem Jahr, eine derart breite gesellschaftliche Debatte anzustoßen, begründet die Jury die Nominierung für Contergan (ARD). Anders als andere so genannte Event-Produktionen verzichtet der Zweiteiler auf den gern angerührten Zuckerguss. Auch jener reißerische Voyeurismus, mit dem Historie oft leichter konsumierbar gemacht wird, ist ausgespart. Anhand des Schicksals einer betroffenen Familie zeichnet der vom WDR beauftragte Zweiteiler den Skandal um das Schlafmittel Contergan nach. Katharina Wackernagel und Benjamin Sadler spielen das Ehepaar, Denise Marko beeindruckt als deren behinderte Tochter. Das Buch schrieb Benedikt Röskau, Regisseur war Adolf Winkelmann, Produzent Michael Souvignier mit seiner Kölner Firma Zeitsprung.
Darsteller: Benjamin Sadler, Katharina Wackernagel, Denise Marko, Hans-Werner Meyer, Caroline Peters, Laura Tonke, August Zirner, u.a.
Produzenten: Michael Souvignier.
Regie: Adolf Winkelmann
Robert de Niro, Lebenswerk International
Es ist seine Rolle in „Wie ein wilder Stier“ von 1980, die die Einzigartigkeit Robert De Niros am ehesten dokumentiert. Um als jähzorniger Boxer Jake La Motta besonders authentisch zu wirken, trainierte De Niro täglich ein Jahr lang wie ein Wahnsinniger, verpasste La Motta selbst viermal ein blaues Auge und eine gebrochene Rippe. Legendär auch seine Gewichtszunahme im selben Film: 15 Kilo Muskeln und 25 Kilo Fett schaffte sich De Niro drauf. Dazu sein unvergleichliches Spiel als zerrissener Ex-Champion. Das brachte ihm seinen zweiten Oscar. Keiner spielt mit einer solchen Hingabe, keinem gelingt das Wunder der Verwandlung so konsequent wie Robert De Niro, begründet die Jury ihre Wahl. Er ist unangefochtener Meister in der Kunst, sich als Person völlig in einer Rolle aufzulösen. Schon 1975 hatte De Niro seinen ersten Oscar mit einer Nebenrolle in „Der Pate II“ erhalten. Bei aller Vielfältigkeit seiner Figuren, die er über 40 Jahre in mehr als 70 Filmen darstellte: Hiermit fand der New Yorker das Genre, in dem er besonders glänzte: Das des Mafiafilms. So zählen „Es war einmal in Amerika“, „GoodFellas“ oder „Casino“ zu Meilensteinen seiner Karriere wie der gesamten Filmgeschichte. Mit anspruchsvollen Komödien wie „Reine Nervensache“ und „Meine Braut, ihr Vater und ich“ überzeugte De Niro zuletzt häufiger auch im Humorfach. Im Thrillergenre setzte De Niro 2007 mit seinem Regiewerk „Der gute Hirte“ über die Geschichte der CIA ein Zeichen. Bei der Berlinale erhielt der Film den Silbernen Bären. De Niro hat sich selbst unsterblich gemacht, so die Jury. Das Kino verdankt dem Schauspieler, Regisseur und Produzenten unvergessliche Momente.
Maria Furtwängler, Beste Fernsehkommissarin (Leserwahl)
Anfang November 2007 rief HÖRZU in Zusammenarbeit mit der Deutschen Post zur Leserwahl auf, um Deutschlands beliebteste Fernsehkommissarin zu ermitteln. Zur Wahl standen 14 Ermittlerinnen bzw. Ermittlerteams aus den Krimi-Reihen von ARD, ZDF und RTL. Das Rennen um die begehrte Trophäe machte Maria Furtwängler, die seit 2002 als Charlotte Lindholm beim „Tatort“ ermittelt. Wegen Schwangerschaft in den Innendienst versetzt? Nicht mit Charlotte Lindholm, Kommissarin in Hannover. Die knöpft den Parka über dem Fünf-Monats-Bauch zu und ermittelt. In den nächsten Folgen hält sie dann schon ihr Baby im Arm.
Ulrike Krumbiegel, Beste deutsche Schauspielerin
Eine Frau steht am Fenster eines großen Wohnblocks und wartet darauf, dass ihr kleiner Sohn nach Hause kommt. Sie wartet, bis sie erfährt, dass ihr Kind tot aufgefunden wurde. Erste Szene des ARD-Krimis „Polizeiruf 110: Jenseits“. Einen ganzen Film lang wird sie fortan anrennen gegen die Absperrkette der Polizei, gegen die verschlossenen Türen der Pathologie, gegen ignorante Bestatter. Eine Mutter, die ihr Recht auf Abschied erkämpft und in ihrem verzweifelten Amoklauf einer griechischen Tragödin gleicht. Wie Ulrike Krumbiegel diese seelische Höllenfahrt gestaltet, gehört zu den grandiosen schauspielerischen Leistungen des Jahres 2007. Ihre Kunst: Sie kriecht ihren Figuren, die oft am Rande der Gesellschaft leben, unter die Haut. Dabei gelingt ihr ein Wunder: Sie berührt.
Sandra Maischberger (mit Jan Kerhart), Beste Information – für die Dokumentation „Helmut Schmidt außer Dienst“
„Für Sie wird er nicht spielen. Fragen Sie ihn nicht danach“, bittet Loki Schmidt Sandra Maischberger mit fast flehender Stimme, das ist zu bitter. Der Hintergrund: Helmut Schmidts Gehör macht nicht mehr mit. Seine Klaviersonaten nimmt er nur noch als Krach wahr. Nur eine der vielen intensiven Szenen aus Maischbergers Porträt des Altkanzlers („Helmut Schmidt außer Dienst“). Über fünf Jahre hinweg begleitete ihn die TV-Journalistin, ihr Mann Jan Kerhart führte Kameraregie. Die beiden trafen Helmut Schmidt in Zügen und Aufzügen, in Flugzeugen und auf den Rücksitzen von Limousinen, bei öffentlichen Podiumsdiskussionen und in ruhigen Stunden mit Ehefrau Loki. Dabei fingen Maischberger und Kerhart einzigartige Momente ein, die ihr Porträt zu einem wichtigen persönlichen und politischen Zeitdokument machen, begründet die Jury die Nominierung.
Kylie Minogue, Beste Musik International
„Sun coming up on another day, gotta second-hand chance, gonna do it again, got rainbow colours and no more rain“ … Kylie Minogue schrieb diese sehr persönlichen Zeilen, als ihre Therapie gegen den Brustkrebs zu Ende ging. Das war im Sommer 2006. „Während der Behandlung konnte ich einfach nicht schreiben“, erklärte sie in einem Interview, „das ging einfach nicht. Aber als ich damit durch war, war ich froh, mich wieder um andere Dinge zu kümmern als um meine Krankheit“. Minogue textete den Refrain zu „No More Rain“. Ein befreiender Ausruf für alle Fans und Freunde: Ja, ich bin wieder da! Und wie! Kylie Minogues jüngstes Album „X“ – schnell, klar, hart und rein – markiert den Eintritt in eine neue Lebensphase, eine bewusstere, eine, in der die Australierin endlich selbst über ihre eigenen Kräfte bestimmen kann. Die Frau, die seit den 80er-Jahren Inbegriff der Pop-Musik ist, hat sich ein weiteres Mal in ihrer langen Karriere verwandelt. Es ist mit Sicherheit die wichtigste und die erwachsenste Verwandlung. Nur so konnte ihr dieses fulminante Comeback gelingen.
Schlag den Raab, Beste Unterhaltung
Darauf muss man erstmal kommen: als Gastgeber anzutreten gegen einen völlig unbekannten Kontrahenten, und das in Disziplinen, von denen man vorher genauso wenig weiß. Kurzum: die Gefahr einzugehen, sich selbst total zum Affen oder wenigsten zum Mega-Verlierer zu machen. Aber Stefan Raab ist für sein unschlagbares Selbstbewusstsein bekannt. „Schlag den Raab“ lief als jüngste Erfindung des vor Fantasie sprühenden Kölner Showmasters inzwischen neunmal – immer um Viertel nach acht, meistens bis weit nach Mitternacht. Dank eines ausgeklügelten Bewertungssystems bleibt die Frage, ob denn nun Raab oder der Herausforderer im Wettstreit aus Bogenschießen, Kanufahren oder Wissenstests als Sieger hervorgeht, bis zum Ende offen. Dreimal gewann er in 2007, dreimal unterlag er – einem Polizisten, einem Arzt und einem Ingenieur. Die räumten insgesamt drei Millionen Euro ab. Pro7-Allzweckwaffe Matthias Opdenhövel führt mit bemerkenswerter Souveränität durch Raabs Marathonprogramm. Das Show-Konzept ist so einzigartig, dass es 2007 stolz unter dem Titel „Beat The Host!“ ins Ausland verkauft werden konnte. „Schlag den Raab“ entsteht bei Raabs Firma Raab TV, Tochter der Brainpool TV GmbH.
Hilary Swank, Beste Schauspielerin International
Wer mit 29 Jahren bereits zwei Oscars in der Wohnung stehen hatte muss sich in Hollywood künstlerisch nicht mehr beweisen. Normalerweise gelingen Durchbrüche mit massentauglichen Blockbustern. Der Kampf des neugeborenen Lieblings um die eine oder andere anspruchsvolle Rolle beginnt – und dauert zuweilen bis ins hohe Alter. Bei Hilary Swank lief es umgekehrt. Nach Model- und Fernseherfahrung brachte ihr die Tragödie „Boys Don’t Cry“ 1999 den ersten Oscar. Fünf Jahre später war es wieder eine Tragödie, die für die zweite Trophäe sorgte, diesmal das Drama „Million Dollar Baby“. Allein die beiden Filme reichen aus, um die schauspielerischen Qualitäten Swanks zu beweisen. Sie bekommt die schwierigsten Rollen in den Griff – den im Körper einer Frau gefangenen Mann wie die unermüdliche Boxerin, die als gebrochene Person Sterbehilfe in Anspruch nimmt. Dabei entwickelt Swank eine verblüffende Glaubwürdigkeit, wie sie ihresgleichen sucht. Mit „P.S. Ich liebe Dich“ lieferte die Hollywood-Schauspielerin tränenreiches Popcorn-Kino, das sie auch bei der breiten Masse etabliert hat.
Tokio Hotel, Beste Musik National
Wenn es einer Band gelingt, die Herzensangelegenheiten heutiger Teenager in Wort und Klang zu fassen, dann Tokio Hotel. Mit mal trotzigem, mal verletzlichem Zungenschlag singen die vier Magdeburger von Liebe, von Wut und von Verzweiflung. Ein ruppiger Gitarrensound treibt die von einfachen, geradlinigen Melodien geprägten Songs voran. Egal ob balladesk oder auf die harte Tour: Bill, Tom, Georg und Gustav erreichten von Beginn an die Herzen einer riesigen Fangemeinde. Tokio Hotel ist ein Phänomen, an dem in den letzten Jahren niemand wirklich vorbeikam. Es begann im Sommer 2005, als „Durch den Monsun“ zum Ohrwurm wurde. Wer damals noch an ein One-Hit-Wunder glaubte, wurde eines Besseren belehrt – das Lied war Auslöser eines rasanten Aufstiegs. Der Erfolg der Jungs mit dem unangepassten Look liegt vor allem in der Authentizität der Band begründet. Sie schreiben ihre Texte selbst, mischen sich auch beim Komponieren ein. Damit verleihen sie einer ganzen Generation eine Stimme. Ihr Image als Boyband konnten sie abstreifen und werden inzwischen als junge, durchaus ernst zu nehmende Musiker akzeptiert – längst auch im Ausland. Beweis sind ausverkaufte Konzerte in Frankreich, Polen oder England.
Ludwig Trepte, Lilli-Palmer-und-Curd-Jürgens-Gedächtniskamera (HÖRZU Nachwuchspreis)
Ludwig Trepte, geboren 1988 in Berlin, gab sein Schauspieldebüt bereits im Alter von 12 Jahren mit einer kleinen Nebenrolle in Herwig Fischers TV-Mini-Serie „Beim nächsten Coup wird alles anders“. Nach einer Reihe kleiner Auftritte in Film und Fernsehen sorgt Trepte 2005 mit gleich zwei Rollen für größeres Aufsehen: In dem Skinhead-Drama „Kombat Sechzehn“ spielt er einen charismatischen Rechtsradikalen, in „Keller“ verkörpert er einen jugendlichen Entführer. Für letztere Rolle wird der Autodidakt beim Max Ophüls Filmfestival 2005 als Bester Nachwuchsdarsteller ausgezeichnet und erhält eine Nominierung für den Undine Award. Auch mit seinen Rollen in Ed Herzogs Ensemblefilm „Schwesterherz“ sowie Lars Kraumes hoch gelobtem Lehrer-Schüler-Drama „Guten Morgen, Herr Grothe“ stößt Trepte auf durchweg positive Resonanz. Mit dem Episodenfilm „Berlin – 1. Mai“ war er im Februar 2008 auf der 58. Berlinale vertreten. Aus der Hand von Laudatorin Cordula Stratmann nahm der völlig überraschte Ludwig Trepte die Lilli Palmer & Curd Jürgens-Gedächtniskamera für den besten Film und Fernsehnachwuchs entgegen.
Zahlen & Fakten
Ort/Räumlichkeit: Ullstein-Halle im Verlagshaus der Axel Springer AG, Berlin
Begrüßung: Dr. Andreas Wiele, Vorstand Zeitschriften Internationales, Axel Springer AG
Moderation: Thomas Gottschalk
Anzahl der Gäste/Zuschauer: Ca. 1200 Gäste
Leserwahl: Die besten TV-Komissarinnen
Fernsehübertragung: 8. Februar 2008 um 21.15 Uhr im ZDF
Besonderheiten: Das Motto der Dinnerparty lautete New Romantic. Die Axel-Springer-Passage wurde in eine warme Atmosphäre getaucht, in der Schwarz durch knallige Farben wie Pink und Lila sowie strahlendes Silber ergänzt wurde.